Casting Bratzen
Um gleich mal das Wort zu erklären, weil anständige Leute das ja weniger benutzen oder solche Bratzen erst gar nicht kennen:
"Eine Bratze kann jegliche Formen annehmen. Man könnte sie fast Formwandler nennen. Sie sind meistens zickig, tragen wenig Kleidung und werfen sich an alles ran, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Meistens sind sie in Modegeschäften, Bushaltestellen und 1-€-Läden aufzufinden. Falls man so einem Wesen begegnet, sollte man besonders vorsichtig damit umgehen. "
So jedenfalls wird bei Stupedia diese Spezies von Mensch umschrieben, die überall auffallen aber sonst nicht viel auf die Reihe bekommen.
Jeder weiß ja, ich interessiere mich für Casting Shows und ganz besonders, welche Wege die Kandidaten danach einschlagen. Gleich vorweg, die diesjährige Staffel von Deutschland sucht den Superstar interessiert mich überhaupt nicht. Hatte man bei der letzten Staffel noch gedacht, es war ein Ausrutscher von RTL, gab es dieses Jahr sogar noch eine Steigerung. Die angebliche Suche nach dem „Superstar“ ist inzwischen eine peinliche Inszenierung, bei der der Zuschauer die Pipiflecken der Kandidaten genau so groß vorgeführt bekommt, wie die gesanglich nicht vorhandenen Qualitäten der meisten Kandidaten.
Ich frage mich, wie geistig eingeschränkt muss man eigentlich sein, um sich vor Dieter Bohlen öffentlich demütigen zu lassen. Bereits nach der ersten Folge und den Schlagzeilen der Kandidaten hatte ich gründlich genug davon. Da werden vorbestrafte Kriminelle öffentlich resozialisiert um nach dem Hype in die tiefsten Löcher zu fallen, die das Leben bieten kann.
Und trotzdem mag ich Casting Shows, auch wenn wirklich gute nur im Ausland laufen.
Dieses Format von DSDS läuft in vielen Ländern. Kein Land erlaubt sich solche primitiven Shows. In Deutschland haben sie höchste Einschaltquoten. Das entsetzt mich und wirft die Frage auf, wie wir eigentlich gestrickt sind. Wir erfreuen uns über das Versagen von Kandidaten und wenn man dann in die dazu gehörigen Foren guckt, dann schlagen sich manche fast die Köpfe ein, nur um ihren Favoriten zu verteidigen.
Dabei braucht man nur mal nach Frankreich sehen. Das Gegenstück zu DSDS heißt da Star Academy und hat allemal mehr Niveau, als Dieter Bohlens Skandalshow. Da gewann Grégory Lemarchal 2004 und das ganze Land feierte ihn.
In USA sind die Idol Gewinner in allen Zeitungen, im Fernsehen und den Charts zu finden. Selbst die Zweiten oder die Dritten schaffen den Sprung ins Showgeschäft. Ob das nun Namen wie Adam Lambert, Kris Allen, David Archuleta oder Carrie Underwood sind, alles Gewinner, deren Lieder ich mich anhöre und kaufe.
In England läuft die Castingshow als X-Factor. Leona Lewis startete da ihre Weltkarriere, British got Talent kennt jeder auf der Welt durch die schrullige Susan Boyle und Paul Pott, die inzwischen Millionen CD's verkaufen.
Ich finde es äußerst interessant, wie aus einem Fernsehauftritt eine Weltkarriere werden kann. In Deutschland werden die Kandidaten nach der Show nur müde belächelt und sind gezwungen sich mit Storys über Wasser zu halten, wie die Kandidatin der letzen Staffel, Annemarie Eilfeld, die man besser als „Zicke“ von DSDS kennt. In diesem Jahr setzt RTL ganz auf kriminelle Vergangenheit der Kandidaten. Die mit den meisten Vorstrafen und der unrühmlichsten Vergangenheit haben die besten Chancen auf den Sieg. Die für meine Begriffe besten Sänger sind längst schon in den Vorentscheidungen ausgestiegen, weil RTL deren reales Leben zu wenig Skandale bietet, mit denen das Publikum wöchentlich unterhalten werden kann. Wer wirklich singen kann, der bewirbt sich erst gar nicht da. Stefan Raab hat gezeigt,dass man auch ohne solche peinlichen Juryaussagen echte Talente findet. Eine Jury, die inzwischen mit Fäkalausdrücken nur so um sich schmeißt, hätte bei den öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten kaum eine Chance. Dass die Sieger dieser Casting Show öffentlich als Looser gebrandmarkt sind, die sich vor einer nicht ernst zu nehmenden Jury behauptet haben, zeigt das ganze Dilemma. Selbst wenn einer gut singen kann, ist sein Auftritt bei DSDS schon das Ende der zukünftigen Karriere. Wirklich seriöse Leute aus dem Musikgeschäft werden sich kaum mit Dieter Bohlens „Entdeckungen“ abgeben.
Die Bild hat eine eigene Rubrik über die fiesesten Sprüche von Dieter Bohlen und vergisst, dass er damit die Kandidaten öffentlich beleidigt und gedemütigt hat. Dafür kriegt man in Deutschland Auszeichnungen.Im Fallen Bohlen sogar die gerichtliche Anerkennung, dass seine Sprüche ein Kunstwerk sind. Diese Pöbelei auf den Rücken der Leute auszutragen, die sich im guten Glauben das sie Singen können, beworben haben, finde ich einfach nur widerlich.
Trotzdem hat RTL mit dieser öffentlichen Vorführung wöchentlich hohe Einschaltquoten,weil die Deutschen sich scheinbar am Versagen des Nachbar erfreuen. Primitiv Fernsehen vom Feinsten, damit wir auch weiter auf der Straße die Kraftausdrücke von Bohlen aus den Mündern von Kids hören, deren Eltern damit beschäftigt sind, ihre Zeit mit Diskussionen über den besten der allesamt schlechten Sänger zu führen und die Erziehung mangels Zeit dem Fernsehen überlassen.
Dabei geht es doch nur um einen vorbestraften Sänger, der mit eunuchenhafter Stimme Dieter Bohlen verzaubert. Daraus macht er keinen Hehl. Gleich in der ersten Sendung kürte er seinen Favoriten. Dass dieser neben einen langen Strafregister eine Haftstrafe verbüßt hat und drei Kindern mit seiner Cousine gezeugte Kinder vorweisen kann, wurde nur noch durch die Mutter überboten. Als Heroin Dealerin durfte sie sofort nach vier Jahren Haft sich dem Publikum von DSDS vorstellen. Was das alles mit Musik und Superstar zu tun hat, wissen wahrscheinlich noch nicht mal die Verantwortlichen von RTL selbst.
Wundert mich irgendwie nicht, dass Dieter Bohlen das Schreckgespenst aller Pädagogen ist.
Das musste ich heute mal los werden, nachdem ich mir wieder ein paar Schlagzeilen angesehen hatte. Als WDR Gucker zahl ich liebend gern GEZ. Da erfahre ich wenigstens wirklich, was die Welt bewegt. Für Casting Shows habe ich ich längst Fox, TV5, ITV und TV4 im Programm.